Abschaffung §219a: TDF veröffentlicht erste Website mit Informationsvideos von Ärztinnen

Plakat auf einer Kundgebung gegen radikale Abtreibungsgegner*innen am 19. März 2022 in der Arcisstraße
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Terre des Femmes veröffentlicht nach der Entscheidung des Deutschen Bundestags am 24. Juni 2022, den Paragrafen 219a StGB zu streichen, eine Website mit sachlichen Informationen von Ärztinnen zu Schwangerschaftsabbrüchen. Wir dokumentieren an dieser Stelle die Pressemitteilung von Terre des Femmes vom 27.06.2022:

Frau Dr. med. Mandy Mangler, Chefärztin Gynäkologie und Geburtsmedizin im Vivantes Klinikum Berlin, Frau Dr. med. Eva Waldschütz, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Frau Nora Szász, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe informieren auf www.streicht219a.jetzt über den medizinischen Eingriff eines Schwangerschaftsabbruchs. Die Videos der Ärztinnnen werden auch auf den Social Media-Kanälen der Frauenrechtsorganisation veröffentlicht und setzen ein wichtiges Zeichen: Nun dürfen Ärztinnen informieren, ohne befürchten zu müssen, dass sie strafrechtlich belangt werden, und Schwangere können sich nun sachlich informieren, um eine Entscheidung zu treffen.

"In Zeiten von allgegenwärtiger Desinformation im Netz ist die Abschaffung von §219a StGB ein grundlegender, längst überfälliger Schritt, der nicht nur die Rechte von Schwangeren, sondern auch die Rechte von Ärztinnen und Ärzten, die diesen Eingriff durchführen, stärkt. Mit dieser Entscheidung stellt sich der Gesetzgeber endlich klar auf die Seite der Selbstbestimmung von Frauen sowie auf die Seite von fachlichen Informationen statt unsachlichen Meinungen“, sagt Sina Tonk, Bereichsleiterin von Terre des Femmes e.V..

Doch die Streichung des Paragrafen 219a StGB sollte nur der erfolgreiche Anfang sein. Genauso wichtig ist es, dass Schwangerschaftsabbrüche generell nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt werden und auch §218 gestrichen wird. 

Der §218 StGB ist mittlerweile 151 Jahre alt und stammt aus dem Kaiserreich - ein frauenfeindliches Strafgesetz, das auch heute noch über das Selbstbestimmungsrecht von schwangeren Frauen gestellt wird.

"Bei aller Freude über die Entscheidung §219a zu streichen, dürfen wir aber nicht vergessen, dass ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland weiterhin im Strafgesetzbuch geregelt ist und nur unter gewissen Voraussetzungen legal ist: §218 muss auch noch mit demselben Grundgedanken von Selbstbestimmung überarbeitet werden.“, so Sina Tonk weiter.

Nach dem Urteil des Amerikanischen Supreme Court am 24. Juni, das landesweite Abtreibungsrecht in den USA zu kippen, sollte es in Deutschland auch eine politische Priorität sein, Abtreibungen als Recht auf medizinische Versorgung und fundamentales Menschenrecht zu bestätigen.

Deshalb fordert Terre des Femmes in Bezug auf das deutsche Abtreibungsrecht und die reproduktiven Rechte von Frauen:

- Die ersatzlose Streichung der §§ 218 und 219 aus dem Strafgesetzbuch und des Paragraphen 12 aus dem Schwangerschaftskonfliktgesetz.
- Kostenlose, qualifizierte und freiwillige Beratungsangebote bei ungewollter Schwangerschaft sowie wohnortnahe und flächendeckende Versorgung als medizinische Basisleistung.
- Ausbau des Angebots an unabhängigen Beratungsstellen zur Verhütung, Vorsorge und Schwangerschaft. Auf dem Stand der medizinischen Entwicklung orientierte Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs und Wahlfreiheit bezüglich der Methode.
- Kostenlose Verhütungsmittel und kostenfreie Abgabe der „Pille danach“.
- Die Förderung von WissenschaftlerInnen, die zu besseren Methoden und Behandlungsmöglichkeiten von Schwangerschaftsabbrüchen forschen.
- Das Thema muss auch Teil der Ausbildung von ÄrztInnen und Pflegekräften sein.

Die Website www.streicht219a.jetzt wurde im April 2021 von Terre des Femmes gemeinsam mit der Agentur GREY gelauncht und wies auf die Absurdität des Paragrafen 219a StGB hin: In vier Videos informierten eine Moderatorin, ein Schauspieler, ein Koch und ein Kfz-Mechaniker über Methoden und Risiken von Schwangerschaftsabbrüchen und forderten über Social Media dazu auf, es ihnen gleichzutun. Denn sie durften über den Vorgang sprechen. Ärztinnen und Ärzte, die den Vorgang tatsächlich durchführen, durften es aufgrund des Paragrafen 219a nicht. Terre des Femmes forderte damit noch einmal eindrücklich vor den Bundestagswahlen 2021, den Paragrafen abzuschaffen.

Die Videos der Protagonisten stehen weiterhin auf dem Youtube-Kanal von TERRE DES FEMMES zur Verfügung.

Weiterführende Informationen zur Arbeit von TERRE DES FEMMES zum Thema Sexuelle und Reproduktive Rechte"