Ein Nachruf auf einen ganz Großen

Herbert Steffen - Foto: Giordano-Bruno-Stiftung
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Herbert Steffen, Gründer der Giordano-Bruno-Stiftung, starb am 18. November 2022. Ein Nachruf von Assunta Tammelleo, Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit München (bfg).
 

Es ist – für alle seine Freunde und Weggefährten – das passiert, was wir alle uns niemals vorstellen haben können, wohl wissend, dass alles Irdische vergänglich ist. Er ist nicht mehr unter uns. Der Tatkräftige, der Unermüdliche, der Anschaffer, der Antreiber, der Mutmacher, der Freund - Herbert Steffen - … er hat den bunten Planeten, den auch er so unglaublich mit belebt hat, doch irgendwie unerwartet verlassen. Es ist noch immer kaum zu fassen! Für viele, aber natürlich ganz besonders für seine Familie, seinen engen Vertrauten und Weggefährten und natürlich auch für uns säkulare Geister alle ummadum. Meine Trauer ist grenzenlos!
 
Den Herbert habe ich kennen gelernt auf einer Mitgliederversammlung des Internationalen Bundes der Kofessionslosen und Atheisten (IBKA) in Köln-Deutz, und das muss so im Jahr 2005 oder vielleicht 2006 gewesen sein. Nachdem ich selber auch schon über 60 bin, kann ich mich nicht mehr so genau erinnern. Als langjährige IBKA-Mitglieder waren wir immer da, wenn MV war! Als wir nach der Versammlung uns zum sogenannt gemütlicheren geselligen Beisammensein im Bewirtungsteil dieses Jugendgästehauses (oder wie es genau heißt) versammelten, haperte es an Service-Personal. D.h., wir saßen schon alle da ganz durstig nach unserer mehrstündigen Sitzung, aber Service-Personal war nirgends zu ersehen. Was nun? Kurzentschlossen enterten wir das Heiligtum - das ist der Bereich hinter der Bar, wo ausschließlich nur Personal des Hauses sein darf (hat auch mit gesetzlichen Vorschriften jedweder Art zu tun) - um die Anwesenden getränketechnisch einfach mal „erst“ zu versorgen. Wir, das waren mein damaliger Lebensgefährte (und säkulare Aktivist) Wolf Steinberger und ich (auch langjährige säkulare Aktivistin)! So haben wir als Gastro-Laien aus Südbayern begonnen, uns eines Zapfhahnes im Rheinland zu bemächtigen und Kölsch auszuschenken (und natürlich auch andere Getränke). Aufgefallen – weil in den säkularen Kreisen bis dato nicht bekannt – ist uns ein etwas älterer Herr mit grauen Haaren und Brille, der da auch herum saß in diesem Bar-Bereich, irgendwie auch ein wenig verloren. Und eben dieser Herr hat sehr viel Anteil genommen an den gesammelten Umtrieben von uns Laien im Barbetrieb. Erkennend, dass da wer – mehr beherzt als gekonnt – sich des Services annimmt, hat er – lachend – mich angesprochen, wer ich/wir denn bin/sind? Und dann habe ich ihm von uns und vom bfg mÜnchen erzählt. Dann war schon mal alles klar. Und dabei hat er – der Herbert Steffen - den Namen bfg zum ersten Mal gehört.
 
Dieses Kennenlernen hat sehr herzlich und auch nachdrücklich begonnen, und es ist über all die Jahre sehr herzlich und nachdrücklich geblieben. Ab da waren wir aus dem bfg mÜnchen auch – jenseits der säkularen Verpflichtungen – immer in Kontakt, allerdings natürlich überwiegend telefonisch. Es hat nicht sehr lange gedauert, da habe ich einmal wieder mit Herbert telefoniert und ihm mitgeteilt, dass es nicht anginge, wenn da so wenig Frauen Beirätinnen in der Giordano Bruno Stiftung seien. Seine lapidare Frage nach „ja, ich habe ja nix gegen Frauen, aber wen hast Du denn da konkret im Auge?“ kommentierte ich genauso lapidar mit „ja mich selber natürlich“… Vermutlich war ich die einzige Beirätin/der einzige Beirat, die/der von sich selber empfohlen worden ist! Was zur Folge hatte, dass ich bei den beiden ersten Beiräte-Treffen – ob des Männer-Überschusses – immer irgendwie im Damen-Begleit-Programm gelandet bin…Was aber immer sehr unterhaltsam gewesen ist …
 
Es ging immer weiter; die Giordano Bruno Stiftung nahm Zug um Zug immer mehr Fahrt auf (Dank insbesondere seines eigenen Einsatzes und der guten Wahl der Mitstreiter), und ein paar Jahre später (2008) fragte ich bei Herbert nach, ob nicht mal ein weiterer großer Künstler doch auch als Zeichner Beirat der Stiftung werden könnte bzw. ob ich da mal vorfühlen dürfe... Ja, wer das denn sei, war die Gegenfrage? Gerhard Haderer, der berühmte österreichische Zeichner, den wir vom bfg mÜnchen für die Preisverleihung des „Sapio“ (IBKA) in 2008 nach München holen konnten und Gelegenheit hatten, ihn näher kennen zu lernen. Und: Herbert hat nicht lange gefragt, nicht lange gefackelt, und der Haderer war selbstverständlich sofort mit dabei in der illustren Runde der Beiräte. Auch bis heute ist er das.
 
Der Herbert war außerdem etwas, was es aus meiner Sicht leider nicht mehr so oft gibt - ein Mann der sehr deutlichen Worte. Und das schätze ich über alle Maßen. Der war nicht auf der Diplomatenschule, und sollte er das doch gewesen sein, dann hat er diesen Teil seiner schulischen Erziehung schon früh abgelegt. Je grauer meine eigenen Haare wurden, desto öfter hat er mich gefragt, ob ich die denn nicht endlich mal einfärben lassen möchte; so schlecht würde ich insgesamt doch nicht ausschauen. Und: im Süddeutschen kennt man das Sprichtwort „Wer zahlt schafft an!“. Der Herbert hatte eigene Worte dafür: „Wenn isch die Kabäll bezahl‘, dann spielt die des, was isch will!“ Das dürfte unter dem Strich dasselbe heißen. Mag sein, dass eine solche Aussage nicht allen gefällt, mir taugt das allerdings sehr.
 
Die Erfolgsgeschichte der Giordano Bruno Stiftung – noch von Mastershausen beginnend, denn das kenne ich noch sehr gut – ist aus meiner Sicht dem Herbert im Wesentlichen zu verdanken. Selbstverständlich nicht ohne den großen Kreis an großartigen Mit-Machern bzw. -innen der ersten Stunde, die er zu begeistern gewusst hatte. Und wo immer neue hinzu kamen.
 
Bei allem darf eines nicht vergessen werden: die Frau an seiner Seite seit vielen Jahren, Bibi. Nun, ja welcher große Mann braucht nicht eine starke Frau bzw. einen starken Partner an seiner Seite? Aus meiner Sicht ist die Giordano-Bruno-Stiftung natürlich nicht zu denken ohne Herbert, nicht ohne Michael, nicht ohne Elke, nicht ohne Carsten…und viele andere mehr (inzwischen). Sicherlich ist sie allerdings so und so nicht zu denken ohne die wunderbare, herzliche, tatkräftige, engagierte Bibi an der Seite von Herbert, der allseits gute, freundliche Geist in allen säkularen Lebenslagen! Was hat sie sich nicht plagen müssen mit uns allen, die wir wie die Räuber in die Räume der Giordano-Bruno-Stiftung (also direkt auch in ihr Wohnhaus) eingefallen sind, wie wenn es die eigenen wären! Sie hat nicht nur die Buchhaltung und mancherlei im Hintergrund erledigt; sie hat immer dafür gesorgt, dass wir zu jeder Tages- und Nachtzeit bestens versorgt waren mit Essen und Trinken bei den regelmäßigen Treffen vor Ort, dass die Hausbar immer voll war, und dass wir uns immer herzlich willkommen gefühlt haben (auch wenn sie den ein oder anderen vielleicht doch lieber gleich an die nächste Wand geklatscht hätte). Solange ich sie kenne war sie dem äußeren Anschein nach nicht einen Moment schlecht aufgelegt. Sie war auf alle Fälle die beste Wahl, die der Herbert hat treffen können. Und sogar dabei war er ein Meister!
 
Lieber Herbert, ein beeindruckenderes Lebenswerk als Du kann ein Mensch allein kaum hinterlassen, mein unendlicher Dank dafür! Stolz und froh bin ich, ein Mini-Rädchen daran sein zu dürfen und Dich gekannt und geschätzt zu haben! So bleibst Du unvergessen und immer in meiner Nähe!